Endlich war es dann soweit, das erste Semester vorbei, Klausuren geschrieben und schließlich ging es in mein neues Team.
„Keines Menschen Kenntnis kann über seine Erfahrungen hinausgehen“ (John Locke)
Auf der einen Seite wären so ein paar Tage Ruhe nach dem Sturm mal ganz schön gewesen und der Gedanke daran, dass die meisten meiner Kommilitonen dieses Vergnügen teilen durften, machte das Ganze nicht besser. Dennoch war ich andererseits voller Vorfreude, Fragen und Erwartungen. Doch was kann, darf und soll man eigentlich erwarten, wenn man seinen ersten richtigen Arbeitstag hat?
Naja, über Erwartungen denk ich mir immer: Tief stecken, hoch übertreffen. Also bin ich an meinem ersten Arbeitstag völlig unvoreingenommen zum Büro meines Teamleiters gegangen und traf dort auch direkt meinen Paten, Herrn Klaschus, der mich die kommende Zeit betreuen wird. Nachdem dann auch der Teamleiter Herr Henning kurze Zeit später kam, haben wir erst einmal ein kurzes Gespräch unter anderem über meine fachliche Tendenz, die Elektrotechnik, geführt und kurz danach ging es dann auch schon ins Werk. „Helm und Gehörschutz?“ hieß es, als wir den ersten Schritt Richtung Anlagen (drei Nachwalzwerke) gemacht haben. So wurde mir schnell klargemacht, welche Prioritäten im Team und vor allem bei Herrn Klaschus herrschten!
Schnell lernte ich die drei Ingenieure des Teams (Elektrotechnik-, Maschinenbau- und Betriebsingenieur, die anlagenübergreifend eingesetzt werden) und gefühlte 1000 andere Mitarbeiter des Teams kennen. Okay 1000 ist etwas hochgegriffen, denn um genauer zu sein sind es etwa 250, wie Herr Henning mir mitteilte. Morgens um viertel nach 8 ging es dann zum allmorgendlichen teaminternen Frühgespräch der Techniker, Ingenieure und des Teamleiters, bei dem die wichtigsten Ereignisse des vergangenen Tages besprochen und interpretiert werden. Ich merkte sofort, dass hier ein äußerst offenes Klima herrscht, was sich später in der einen oder anderen Situation noch oft bewahrheitet und mehr als bewährt hat.
Doch mindestens genauso wichtig, wie ein gutes Arbeitsklima, soziale Kompetenz und Offenheit, zählt in unserem Team die fachliche Kompetenz. Diese Tatsache wird hier nicht nur gepredigt, sondern gelebt. So wurden mir in den ersten Tagen die einzelnen Betriebsschritte sowie viele technische Merkmale der Anlagen erklärt und gezeigt. Damit ich jedoch alle Teile der Anlage kennenlernen konnte, musste ich eine CO2-Schulung belegen, um einen Kellerausweis und damit Zugang in alle Anlagenkeller zu erhalten. Nach ein paar Tagen kam dann eine Frage auf, an der ein Duales Studium meiner Meinung nach steht oder fällt: „Wie wollen wir die nächsten drei Jahre effektiv und sinnvoll nutzen?“ So wurden wir uns schnell einig, denn „von der Pike auf“, heißt für uns wirklich, dass man, in meinem Fall, von den Grundaufgaben eines Mechatronikers, bis hin zur Planung und Durchführung komplexer Projekte ALLES in einem bestimmten Maße und in sinnvoller Reihenfolge unterbringen sollte.
So ging es auch noch in der ersten Woche mit den Tagschichtelektrikern raus an die Anlagen und später dann auch zu einer I&R (Instandhaltung und Reparatur einer Anlage). Hier, so sagt man im Werk, ist oft die schmutzigste Arbeit, aber auch die wollte und durfte ich nun kennenlernen. So zogen wir neue Kabel in einer Anlage, ersetzten defekte Sensoren, klemmten Motoren an und ab und richteten Laserschranken aus, um nur einige Dinge zu erwähnen. Hier musste ich echt feststellen, dass die Jungs harte aber sehr wichtige Aufgaben haben und diese nach bestem Gewissen erledigen. Somit ging auch schnell die erste Woche vorbei und ich hatte einiges an neuen Erfahrungen und Wissen mitgenommen.
In den kommenden Wochen war ich des Öfteren noch mit den Elektrikern unterwegs und durfte bei der Lösung einiger Aufgaben mithelfen. Einen Großteil meiner Zeit im Team habe ich auch mit den Technikern der Anlagen verbracht. Von ihnen ist an jeder Anlage sowohl für elektrische als auch für mechanische Angelegenheiten mindestens einer angesiedelt. Sie gaben mir die Möglichkeit, mich in das bei uns übliche Programm zur Steuerung der Anlagen einzuarbeiten und nun auch hier wichtige Abläufe zu verstehen. Natürlich galt auch bei ihnen: „Wer nicht fragt bleibt dumm!“ So standen mir jederzeit Ansprechpartner für eventuelle Fragen zur Verfügung. Nachdem ich das Programm, den Aufbau der Schalthäuser und das Lesen der Pläne, was man übrigens nicht im Studium lernt, hier noch einmal verinnerlicht hatte, lernte ich auch noch andere Bereiche unseres Teams kennen. So wird bei Rasselstein der Bereich Qualität bekannter Weise sehr groß geschrieben und es gibt bei uns, wie auch in jedem anderen Team, einen Qualitätsbeauftragten, der mich einen ganzen Tag mal in „sein Geschäft“ hat reinschauen lassen. Dies war eine sehr interessante Erfahrung, denn im Vergleich zur direkten Produktion haben diese Beauftragten einen sehr nahen Bezug zum Kunden.
Gegen Ende der 4 Wochen wurde mir dann bald auch wieder klar: die zweite Klausurphase steht bevor. Somit kam nun eine der wenigen Schattenseiten des Dualen Studiums zum Vorschein: Zeitmangel. Nach der Arbeit kurz was essen und dann ab an den Schreibtisch und bis spät abends lernen. Doch wer den nötigen Ehrgeiz mitbringt, wird auch das mit Bravur meistern. So endete meine erste Zeit im Werk sehr schnell und mit dem Abschied einer älteren dualen Kollegin aus dem Team wurde mir wieder einmal klar, wie schnell die Zeit doch vergeht und dass ich so viel, als nur irgendwie möglich, aus dieser Zeit mitnehmen möchte. Und zufrieden muss ich feststellen, dass mir dies mit der Hilfe und Unterstützung meiner Kollegen sehr gut gelungen ist und ich hoffe, dass auch die kommenden Aufenthalte nicht weniger interessant und bereichernd sind.
PS: Die Klausuren sind jetzt alle rum und ja, das wurde gebührend gefeiert! 😉
Bis bald!
Gruß, euer Andre 🙂