Da bist du platt – Tandemstraße und Co.

 Wo unser Warmband herkommt konntet ihr ja bereits in Julians Artikel lesen.


Panoramablick vom Kran über das Warmbandlager (links sieht man die Halle der Beize)

Bevor wir das Blech walzen können, muss es zunächst von unserem Warmbandlager bis zur Beize transportiert werden. Hierfür gibt es einen großen Kran, der die Ringe zunächst vom Bahnwaggon ins Lager setzt und dann kurze Zeit später wieder auf einen anderen Waggon hebt, der sie direkt bis zur Beize transportiert. Dort angekommen wird das Blech unter Einsatz von 98°C heißer Schwefelsäure vom Zunder befreit, der beim Warmwalzen auf der Bandoberfläche entstanden ist. Danach ist die Oberfläche metallisch rein und es kann gewalzt werden.

 

Und jetzt zum Kaltwalzen …


Panoramablick auf die Tandemstraße 2 mit den Arbeits- und Stützwalzen

Blick in den Hauptsteuerstand der Tandemstraße 2

Panoramablick in die Halle mit Tandemstraße 2 (links) und gebeizten Warmbandringen (rechts)

Durch das Kaltwalzen wird unser Band bei Raumtemperatur dickenreduziert – es wird keine Wärmeenergie von außen zugeführt. Das heißt aber nicht, dass man das Blech nach dem Prozess anfassen kann. Durch die entsprechende Reibung erhitzt sich das Band so stark, dass es nach dem Prozess mehrere hundert Grad heiß ist.

 

Die Anlage, in der der ganze Vorgang stattfindet, heißt Tandemstraße. Rasselstein besitzt gleich zwei davon, eine fünf- und eine sechsgerüstige. Jedes Walzgerüst besteht aus einem sogenannten Quarto-Gerüst. In diesem werden zwei dünne Arbeitswalzen zwischen zwei deutlich dickeren Stützwalzen gelagert. So können hohe Walzkräfte (bis 12.000
kN=1200t=300 Elefanten) – ohne dass sich die Arbeitswalzen durchbiegen – aufgebracht werden. Da sich das Band von Gerüst zu Gerüst verlängert, muss sich auch die Geschwindigkeit zwischen den Gerüsten steigern. Wir sprechen hier von Geschwindigkeiten am letzen Gerüst bis 145 km/h (2414 m/min, sechsgerüstige Tandemstraße) und 132 km/h (2200 m/min, fünfgerüstige Tandemstraße).

Damit das Band überhaupt stark verformt werden kann, muss der Walzspalt (der Spalt zwischen den Arbeitswalzen) mit einem Gemisch aus Wasser und Walzöl geschmiert werden, zusätzlich werden das Band und die Walzen mit Wasser gekühlt.
So kann die Reibung zwischen Band und Arbeitswalze verringert werden und die entstehende Wärme wird durch das Wasser abgeführt.
Die beiden Tandemstraßen können Ringe mit einem Gewicht von bis zu 46 Tonnen und einer Breite bis 1.370 mm verarbeiten.

Nachdem das Band die Gerüste durchquert hat, wird es wieder zu einem Ring aufgewickelt und weiter zum Entfetten und Glühen geschickt.

Durch die starke Dickenreduzierung um mehr als 90 Prozent ist das Band hart und spröde geworden und in diesem Zustand nicht mehr als Verpackungswerkstoff geeignet. Um die Verformbarkeit wieder herzustellen, muss es wie in einem großen Backofen geglüht werden. Dabei wird die Kristallstruktur im Blech wieder hergestellt und das Blech wieder weich.

Beim Glühen gibt es zwei unterschiedliche Verfahren. Je nach Anwendungszweck wird das Blech entweder mehrtägig in einem sogenannten Haubenglühofen geglüht oder in wenigen Minuten durch riesige Durchlaufglühöfen gefahren. Im Gegensatz zum Backofen daheim sind diese mit Schutzgas gefüllt, um eine Oxidation des Bandes zu verhindern. Die Durchlaufglühöfen erreichen Temperaturen von bis zu 830 °C … da wäre die Pizza schneller schwarz als man gucken kann.

 


Panoramablick aus knapp 30 m Höhe vom Durchlaufglühofen 5

   
Haubenglühöfen

Bevor das Band geglüht werden kann, muss es aber zunächst noch von Verunreinigungen und Walzrückständen gesäubert werden; und zwar an der Entfettungsanlage. Beim Durchlaufglühen ist der Entfettungsteil direkt in die Anlage integriert.

Zwischen vielen unserer Anlagen transportieren sogenannte FTS (Fahrerlose TransportSysteme) die Ringe vollautomatisch und versorgen die Anlagen mit Nachschub.

 
Damit die FTS im Werk besser gesehen werden, haben sie eine sehr kontrastreiche Tierbemalung als Zebra, Tiger oder Kuh

 

Ich hoffe, dass ich euch einen guten Einblick in die Welt des Kaltwalzens und die vor und nachgeschalteten Produktionsschritte geben konnte. Das hört sich alles nach einem sehr „rohen“ Prozess an, aber hinter diesen Anlagen steckt eine immense Fülle an Hightech, was Mechanik und Elektrotechnik betrifft. Für mich ist das, neben der ganzen Theorie in meinem Dualen Studium, ein echtes Highlight an so einer Anlage lernen zu dürfen.

Soweit von meiner Seite. Ich wünsche Euch noch viel Spaß beim Durchstöbern des AzubiBlogs.

In den nächsten Artikeln lest ihr dann mehr über die weiteren Produktionsschritte bis zum fertigen Produkt Weißblech. Bleibt dran!

Viele Grüße

Tom

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