Es gibt viele Möglichkeiten Werkstoffe und Materialen auf ihre mechanischen und technologischen Eigenschaften zu prüfen. Bei uns in der Werkstofftechnik und somit auch in der Ausbildung wird hauptsächlich mechanisch geprüft, das heißt wir führen eine zerstörende Werkstoffprüfung durch. Da aber auch die zerstörungsfreie Werkstoffprüfung einen großen und wichtigen Teil in dem Berufsbild Werkstoffprüfer einnimmt, durfte ich vor kurzem, als erster Rasselsteiner, an einem Lehrgang bei unseren Kollegen in Duisburg (ThyssenKrupp Steel Europe) teilnehmen.
Es geht auch zerstörungsfrei!
Nachdem ich den zähen Berufsverkehr hinter mich gebracht hatte, ging es am ersten Tag direkt mit der Eindringprüfung (PT → Penetrant Testing) los. Mit diesem Verfahren können Oberflächenfehler (Risse, Poren, Bindefehler) angezeigt werden. Dabei wird die zu prüfende Oberfläche erst gereinigt, bevor es mit dem Penetrant (meistens einen sehr liquiden roten Lack) eingesprüht wird. Während der Einwirkzeit zieht das Penetrant in die eventuellen Oberflächenfehler ein (Kapillarwirkung). Am Ende der Einwirkzeit wird die Oberfläche vorsichtig gereinigt um den Rest des Eindringmittels zu entfernen. Zum Schluss wird der Entwickler (ein Gemisch aus Lösemittel und Pulverpartikel) auf die zu prüfende Oberfläche aufgetragen. Die Partikel ziehen das Penetrant aus den eventuellen Fehlern, so dass diese als feine Linien an der Oberfläche angezeigt werden.
Als ein weiteres Verfahren, um Risse in oder nah der Oberfläche nachzuweisen dient die Magnetpulverprüfung (MT → Magnetic testing). Dieses Verfahren ist allerdings nur an ferromagnetischen Werkstoffen realisierbar. Die zu prüfende Oberfläche wird mit einem Gemisch aus Trägerflüssigkeit und Eisenoxid-Teilchen (auch fluoreszierend) benetzt und anschließend mit einem Elektromagneten magnetisiert. Die Oberfläche des Prüfstücks wird von magnetischen Feldlinien durchzogen, eventuelle Fehler stören diesen „Fluss“, an diesen Störstellen setzen sich die Eisenoxid-Teilchen ab und zeigen den Fehler an.
Beide Verfahren sind praktisch sehr leicht anzuwenden. Doch ich war überrascht, dass trotz der einfachen Anwendung eine Vielzahl an Regeln und Normen hinter jedem Verfahren steht.
Das Hauptaugenmerk galt jedoch der Ultraschallprüfung (UT → Ultrasonic Testing), da dieses Verfahren zu den oben genannten deutlich komplexer und vielseitiger ist. Mit diesem Prüfverfahren können nicht nur innere und äußere Fehler detektiert, sondern auch ihre Lage und Größe bestimmt werden. Dabei wird ein hochfrequenter Schall in das Prüfstück geleitet und von eventuellen Fehlern und Körperkanten reflektiert, dieser reflektierte Schall wird zur Auswertung herangezogen. Doch bei diesem Verfahren kann man nicht einfach „loslegen“. Vor der eigentlichen Prüfung, muss ein geeigneter Prüfkopf bzw. ein geeignetes Prüfverfahren gewählt werden. Dazu kommt das Kalibrieren des Prüfgeräts.
Wir durften dieses Verfahren auch praktisch anwenden.
Nach Erstellen einer Kalibriertabelle und Einstellen des Prüfgeräts ging es an den Prüfkörper. Dieser Prüfkörper war ein Übungsstück aus Stahl mit künstlich eingefrästen Fehlern (von außen ein unscheinbarer Stahlblock (270x150x40)).
Ich wusste zuerst gar nicht wo, bzw. wie ich anfangen soll, aber nach einer kurzen Orientierung fing ich an, das Prüfstück systematisch abzufahren und mir parallel Notizen zu machen, um eine Skizze der Fehlerlage erstellen zu können.
Und letztlich muss ich sagen: Für‘s erste Mal hat es überraschend gut geklappt.
Die drei Tage in Duisburg waren sehr interessant. Ich habe vieles gelernt und hinsichtlich der stetig näher kommenden Abschlussprüfung war es für mich sehr wichtig die zerstörungsfreie Werkstoffprüfung, theoretisch aber besonders praktisch, behandelt zu haben.
Gruß
Euer Julian